Last Updated on 22/12/2022 by CurleyInspire
Die Skala der Ausbildung ist es eine tolle Sache und jeder sollte sie kennen. Deshalb ist es mir so wichtig, darüber zu schreiben. Denn allzu oft vergisst man diese wichtige Grundlage. Doch wusstet ihr, dass es schon einige Neuinterpretationen gibt? In diesem Blogbeitrag verrate ich euch wie einige die Skala für sich neu definiert haben.
- Die Ausbildungsskala – Das Herzstück der klassischen Reitlehre
- Zu 1 Takt
- Zu 2 Losgelassenheit
- Zu 3 Die Anlehnung
- Zu 4 Schwung
- Zu 5 Geraderichten
- Zu 6 Versammlung
- Was die Skala der Ausbildung einem nicht verrät
- Die Skala der Ausbildung als Pyramide dargestellt
- Neuinterpretation – Das Zahnradmodell
- Andere Darstellungen – Der Equine Kreis
- Die Ausbildungsskala Westernreiten
Die Ausbildungsskala – Das Herzstück der klassischen Reitlehre
Die Skala der Ausbildung ist das Herzstück und gleichzeitig auch der Leitfaden in der klassischen Reitlehre. Sie wird bereits im Basispass abgefragt und jeder Reiter/in sollte sie kennen.
Jeder Dressurpferd sollte alle Kriterien der Ausbildung beherrschen und umfasst 6 Punkte:
- Takt
- Losgelassenheit
- Anlehnung
- Schwung
- Geraderichten
- Versammlung
Zu 1 Takt
Ruhig aber nicht langsam – fleißig aber nicht eilig
Der Takt ist das Gleichmaß aller Schritte, Tritte und Sprünge in den Grundgangarten. Er muss in allen Tempi (Arbeitstempo, Verstärkung, Versammlung) und auf in Übergängen oder gebogenen Linien erhalten bleiben.
Schritt: Viertakt in 8 Phasen. Fußfolge: Gleichseitiges ab er nicht gleichzeitiges Abfußen. Die Bewegung ist schreitend ohne Schwebephase, taktmäßig, raumgreifend und fleißig. Unterschieden wird der Mittelschritt, der starke Schritt und der versammelte Schritt.
Trab: Zweitakt in 4 Phasen. Die diagonalen Beinpaare fußen gleichzeitig auf- und ab mit einem Augenblick der Schwebephase. Die Bewegung ist elastisch, schwunghaft und raumgreifend. Unterschieden werden hier der Mitteltrab, der starke und der versammelte Trab.
Galopp: Dreitakt in 6 Phasen. Beim Galopp ist das äußere Hinterbein die Dreibeinstütze, dann gleichzeitig das innere Hinterbein und das äußere Vorderbein. Es folgt darauf die Schwebephase. Die Bewegungen im Galopp sind raumgreifen, schwunghaft und bergauf. Man unterscheidet den Links- und den Rechtsgalopp, sowie den Mittelgalopp, den starken Galopp und den versammelten Galopp.
Was sind Taktfehler?
Wenn man von Taktfehlern spricht, meint man damit Unregelmäßigkeiten in der Fußabfolge beim Pferd. Taktstörungen treten auf, wenn das Pferd zu eilig wird. Durch zu starke Einwirkungen beispielsweise mit der Hand oder zu wenig treibende Hilfen kann es dann zu Taktfehlern kommen.
Zu 2 Losgelassenheit
Losgelassenheit ist die Grundvoraussetzung für jeden weiteren Ausbildungsschritt. Das im Takt gehende Pferd, soll dabei seine Muskulatur zwanglos und unverkrampft an- und entspannen. Der Rücken sollte dabei schwingen. In diesem Zustand kann auch der Reiter geschmeidig und losgelassen sitzen und kommt zum Treiben.
Die Losgelassenheit wird in der Lösungsphase erarbeiten. Viele Übergänge , häufige Handwechsel, Das Reiten auf großen geborgenen Linien erarbeitet. Die Muskulatur, die Sehnen und Bänder werden aufgewärmt und auf die Arbeit vorbereitet.
Überprüfen lässt sich die Losgelassenheit durch das “Zügel aus der Hand kauen”. In der Losgelassenheit zeigt sich das Pferd zufrieden, der Rücken schwingt und die Hinterbeine sind aktiv, der Schweif pendelt und die Ober- und Unterhalsmuskulatur ist entspannt.
Zu 3 Die Anlehnung
Das Pferd sucht die Anlehnung, der Reiter gestattet sie
Die Folge von Losgelassenheit ist Anlehnung. Sie kennzeichnet sich durch eine federnde, stetige und weiche Verbindung zum Pferdemaul. Das Pferd soll die Anlehnung suchen und an die Hand des Reiters herantreten. In der Anlehnung kann der Reiter Tempo, Haltung, Bewegungsrichtung und Gargarten bestimmen.
Wichtig zu wissen!
Die Anlehnung ist nicht eine gleichbleibende Konstante, die in jeder Ausbildungsphase des Pferdes gleich ist. Je nach Alter, Gebäudetyp und Ausbildungsstand ist die Anlehnung unterschiedlich. Auch in den verschiedenen Gangarten haben wir nicht immer die gleiche Art von Anlehnung.
Natürlich schreibt die FN, dass das Genick der höchste Punkt ist und das Pferd leicht vor der Senkrechten sein sollte. Aber gerade bei jungen Pferden wird dieser Zustand zu Beginn selten erreicht.
Eine korrekte Anlehnung gibt dem Pferd Sicherheit und trägt dazu bei, das neue Gleichgewicht mit dem Reiter zu finden.
Zu 4 Schwung
Der Schwung, so beschriebt es die FN ist, “die Übertragung der energischen Impulses aus der Hinterhand über den schwingenden Pferderücken auf die Gesamtvorwärtbewegung des Pferdes. “
Dabei verwechseln viele den Schwung mit Tempo! Man nutzt dien natürlichen Gang des Pferdes, fügt ihm aber noch die Losgelassenheit, den Takt, die Anlehnung und Durchlässigkeit hinzu. Der Schub soll dabei aus der Hinterhand erfolgen. Schwung kann nur entstehen, wenn der Reiter losgelassen sitzt und die korrekten Hilfen gibt.
Das Resultat ist ein Pferd, mit ausgeprägter Schwebephase und einen vermehrten Raumgriff in den Trab- und Galoppverstärkungen. Leider sieht man in der Dressur auch häufig einmal die “Lampenaustreter” Das sind Pferde, die ein extrem ausschwingendes Vorderbein haben. Leider fehlt dort häufig der Schub aus der Hinterhand.
Zu 5 Geraderichten
Reite dein Pferd vorwärts und richte es gerade
Gustav Steinbrecht
Zu aller erst sollte man sich verinnerlichen, dass das Geraderichten ein Prozess ist. Er ergibt sich daraus, dass das Pferd auf gerade sowie auf gebogener Linie mit den Vorder- und Hinterbeinen und seiner Körperachse auf einer Hufschlaglinie angepasst ist.
Ziel des Geraderichtens ist der Ausgleich der natürlichen Schiefe und der Entwicklung einer gleichmäßigen Muskulatur, die den Reiter lange und unbeschadet tragen kann.
Das Geraderichten optimiert die Schubkraft aus der Hinterhand und verbessert auch die Durchlässigkeit. Gleichzeitig dient das Geraderichten dazu, die Versammlung vorzubereiten.
Wie merke ich, dass mein Pferd nicht geradegerichtet ist?
Ist das Pferd nicht geradegerichtet, können die feinen Hilfen des Reiters nicht durchkommen und gleichmäßig auf beide Hinterbeine wirken.
Bei meinem Berittpferd Lucy merke ich das immer sehr deutlich im Galopp. Erst wenn sie annähernd gerade gerichtet ist, ist es ihr auch möglich anzugaloppieren. Wenn Sie gerade gerichtet ist, verbessert sich der Trab. Die Bewegungen werden schöner und meine Hilfen kommen besser durch.
Der Weg zum Geraderichten ist ein Prozess, der in jeder Gangart erarbeitet werden muss.
Zu 6 Versammlung
Die Versammlung ist das Herzstück der klassischen Ausbildung. Darunter versteht man die Entwicklung der Tragkraft, das vermehrte Beugen der Gelenke in der Hinterhand und damit einhergehend die Verlagerung des Schwerpunktes. Die Versammlung ist für das Pferd sehr anstrengend und ist wie alle anderen Punkte bei der Skala der Ausbildung ein Prozess, der schonend entwickelt werden sollte. In der Versammlung erreicht man durch versammelte Lektionen und ein vermehrtes Treiben eine gesteigerte Schubkraft, die man nicht, wie beim ausgestreckten Trab herauslässt, sondern durch anhaltende und annehmende Zügelhilfen abfängt. In dieser Phase entsteht Federkraft. Das Pferd wird erhabener, schöner und die Bewegungen werden freier. Das Pferd geht in eine Selbsthaltung über und entwickelt so eine positive Spannung. Ein wundervolles Gefühl, dass man in seinem Reiterleben einmal erlebt haben sollte.
Was die Skala der Ausbildung einem nicht verrät
So schön die Skala der Ausbildung ist, sie verrät uns leider nicht “WIE” wir zu den einzelnen Punkten kommen. Sie beschreibt nur den Weg und die Ausbildung des Pferdes. Wie wir zu einem solchen phänomenalen Pferd kommen, bleibt dort verborgen. Wichtig ist es einmal zu wissen, dass das Pferd die einzelnen Schritte ohne den Reiter gar nicht gehen kann. Und auch der Reiter sollte meiner Meinung nach die Skala der Ausbildung absolvieren. Denn nur mit einem losgelassenen Sitz, mit Takt und ohne Störungen, kann das Pferd diese Punkte erfüllen.
Die Skala der Ausbildung als Pyramide dargestellt
Das Die Skala der Ausbildung wird häufig als Pyramide dargestellt. obwohl die sechs Punkte sich gegenseitig beeinflussen. In Verbindung mit der Erziehung uns dem Gehorsam sollen zu einer weiter entwickelten Durchlässigkeit führen.
Diese Darstellung ist die Bekannteste. Aber wusstet ihr auch, dass es auch schon andere Darstellungsformen dieser Skala gibt? Einige Pferdeleute haben sich dazu schon viele Gedanken gemacht.
Sind aber nicht Gleichgewicht und Losgelassenheit genauso essentielle Punkte, die für den Reiter gelten sollten?
Neuinterpretation – Das Zahnradmodell
Die Dressurstudien haben es für mein Empfinden mit dem Zahnradmodell sehr gut auf den Punkt gebracht. Denn die einzelnen Schritte stehen miteinander in Verbindung und beeinflussen sich gegenseitig.
Statt den Punkten Gleichgewicht und Durchlässigkeit umschließen die Durchlässigkeit, die Balance und die Gesundheit die Punkte der Skala der Ausbildung. Ergänzt wird diese in der Mitte noch durch die Innere und Äußere Zwanglosigkeit, dem Gehorsam und dem Vertrauen.
Andere Darstellungen – Der Equine Kreis
Corinna Scholz, der der Blog Tanzende Hufe gehört, hat sich ebenfalls mit der Skala der Ausbildung beschäftigt. Bei Sportpferden mag die Skala ja durchaus ihre Berechtigung haben. Aber was ist mit den vielen anderen Pferden, die eben keine Supersportler sind? Müssen die jetzt alle nach dieser Skala ausgebildet werden?
Was ist, wenn ich bei einem Pferd durch die Anlehnung erst einen guten Takt erzeugen kann? Was ist mit den Pferden, die schon von Natur aus eine hohe Versammlungsbereitschaft aufweisen? Was ist mit den Gangpferden? Hier ist es oft so, dass erst einmal die Losgelassenheit im Vordergrund stehen sollte.
Vor allem gefällt mir, dass auch der Punkt: “Motivation und Freude” an der Arbeit mit aufgeführt ist. Ein wesentliches Element. Denn nur allzu oft wird das Pferd so behandelt als wenn es ein Auto wäre. Nach dem Motto: “Ich gebe diese Hilfe, dann muss das funktionieren”. Das Pferd empfindet nicht immer automatisch Freude an der Arbeit.
Der Equine Kreis ist drehbar. Der Fokus kann jederzeit selbst gewählt werden. Man sollte aber bemüht sein, nach und nach zu einem ausgewogenen Gleichgewicht der einzelnen Punkte zu kommen.
Die Begriffe im inneren Kreis bilden (unabhängig von ihrer Reihenfolge) die Basis für alles.
Die Begriffe im mittleren Kreis sollten in der Ausbildung des Pferdes je nach Bedarf Beachtung finden und später weitgehend gleichmäßig vorhanden sein. Daraus ergeben sich mehr oder weniger automatisch die Begriffe im äußeren Kreis.
Eine ausführliche Beschreibung findet ihr auf dem Blog http://tanzende-hufe.de/reitweisen/die-skala-der-ausbildung/
Die Ausbildungsskala Westernreiten
Seit 20 Jahren gibt es die Western-Ausbildungsskala der Ersten Westernreiter Union Deutschlands (EWU). Sie ist etwas anders aufgebaut als die klassische Ausbildungsskala, die wir in der Regel kennen und dennoch gibt es auch hier viele Gemeinsamkeiten. Als Höhepunkt steht hier nicht die Versammlung sondern die absolute Durchlässigkeit.
- Takt
- Losgelassenheit
- Nachgiebigkeit
- Aktivierung der Hinterhand
- Geraderichten
- Absolute Durchlässigkeit
Die Erklärung der einzelnen Ausbildungsschritte:
Takt bedeutet das räumliche und zeitliche Gleichmaß der Schritte, Tritte und Sprünge in den drei Grundgangarten. Der Takt soll auf geraden und gebogenen Linien erhalten bleiben, ebenso in den Übergängen und Wendungen.
Losgelassenheit bedeutet, dass sich die Muskeln des Pferdes unverkrampft und zwanglos an- und abspannen, d.h. es soll so viel Muskelspannung wie nötig und so wenig wie möglich entwickelt werden.
Merkmale sind z.B.
(1) Taktreine Gänge
(2) Entspanntes Maul, beweglicher Unterkiefer
(3) Abschnauben
(4) Pendelnder Schweif, der locker und entspannt getragen wird
(5) Schwingender Rücken
Nachgiebigkeit bedeutet, dass das Pferd die Reiterhilfen willig annimmt und Dehnungsbereitschaft zeigt, um einen positiven Spannungsbogen entwickeln zu können.
Aktivierung der Hinterhand bedeutet, dass das Pferd aktiv aus der Hinterhand unter den Schwerpunkt tritt. Es zeigt weich federnde Elastizität in der Vor- sowie Hinterhand über einen schwingenden Rücken.
Geraderichtung bedeutet, dass das Pferd (unter Erhalt von Takt, Losgelassenheit, Nachgiebigkeit und aktiver Hinterhand) sowohl auf geraden als auch auf gebogenen Linien mit der Hinterhand in die Spur der Vorhand fußt
Absolute Durchlässigkeit bedeutet, dass das Pferd dem Reiter seine volle Kraft zur Verfügung stellt. Es zeigt unter Beibehaltung eines positiven Spannungsbogens eine konstante, dem Exterieur entsprechende, natürliche Selbsthaltung
Quelle: https://ewu-bund.com/wp-content/uploads/2020/09/Praesentation-JUPF-YS-1.pdf
Warum gibt es überhaupt diese Unterschiede?
Beim Westernreiten wird mit weniger Schwung gearbeitet. Begründet ist das dadurch, dass Westernpferde aus der Arbeitsreiterei kommen und vom Temperament und vom Schwung anders veranlagt sind. Sie benötigen aus diesem Grund auch eine andere Art der Ausbildung.
Auf dem Blog von Marie Frey https://loveyourhorse.de/ausbildungsskala/ findet ihr dazu eine schöne Beschreibung der Unterschiede zwischen der klassischen Ausbildungsskala der FN und der Ausbildungsskala Westernreiten. 🙂
Eure Meinung ist gefragt!
Wie findet ihr die klassische Ausbildungsskala?
Was würdet ihr verbessern wollen und welche Punkte fehlen euch vielleicht?
Über einen Kommentar auf meinem Blog würde ich mich freuen. 🙂
1 Comment
Die Skala der Ausbildung -
3. Dezember 2023 at 11:34[…] https://der-pferdeblog.de/die-skala-der-ausbildung-und-ihre-neuinterpretationen/ […]